Schon wieder konnte ein Meilenstein im Projekt nicht eingehalten werden. Dadurch hat sich die Projektlaufzeit wiederholt nach hinten verschoben. Und zu allem Überfluss wurde auch noch das Budget überschritten. Dass es innerhalb von Projekten zu Krisen kommen kann, ist nicht ungewöhnlich, was Projektkrisen jedoch nicht schönreden soll. Ja, sie treten auf – aber sie lassen sich vermeiden.

Wie Sie eine Projektkrise rechtzeitig erkennen und welche Methoden Ihnen als Führungskraft dabei helfen, Krisen abzuwenden und zu lösen, das erfahren Sie in diesem Artikel.

Was ist eine Krise?

Um eine Projektkrise erkennen und abwenden zu können, ist es zunächst wichtig, genau zu wissen, was eine Krise ist – und was nicht. Das Wort Krise stammt vom griechischen Begriff „krisis“ ab und bedeutet auf der einen Seite „Streit“, auf der anderen steht es für „Entscheidung“. Daraus abgeleitet, ist eine Krise eine Situation, die sich in verschiedene Richtungen weiterentwickeln kann. Entscheidend für die Lösung einer solchen Situation ist dabei genau eine Sache: entschlossenes Handeln.

Woran erkennen Sie eine Projektkrise?

Was macht eine Projektkrise ganz konkret aus? Das ist die grundlegende Frage, wenn es darum geht, Projektkrisen zu erkennen und aufzulösen. Die Krux an der Sache ist: Projekte laufen immer ins Unbekannte und so gut wie nie nach Plan. Wie also lässt sich entscheiden, ob es gerade einfach nur etwas zäh oder holperig läuft, und wann wirklich eine Krise vorliegt?

Die weniger gute Nachricht ist: Es gibt keine Schablone oder Blaupause, mit der sich jede Projektkrise sofort als solche identifizieren lässt. Denn jede Krise ist genauso individuell, wie es das Projekt ist. Die Indikatoren unterscheiden sich je nach Projektphase, Team, Auftraggeber usw. Die gute Nachricht ist: Trotz ihrer Individualität lassen sich Projektkrisen erkennen. Mögliche Leitfragen zur Entscheidung sind beispielsweise:

  • Ist für mich angemessen, das Vorgehen hart zu unterbrechen?
  • Ist es (noch) angemessen, die Dinge „laufen zu lassen“?
  • Braucht es gegebenenfalls die Setzung einer Frist?
  • Ist ein Abbruch wirklich die einzige Möglichkeit oder gibt es Alternativen?

Fragen wie diese helfen Ihnen als Führungskraft, in unklaren Situationen entscheiden zu können, ob wirklich eine Projektkrise vorliegt. In der Praxis kann es aber auch anders sein. Zum Beispiel, wenn sich eine Projektkrise ganz klar als solchen zu erkennen gibt. Das kann sich an folgenden Punkten deutlich zeigen:

  • Das Projekt droht konkret zu scheitern.
  • Durch den Projektverlauf drohen erhebliche negative Konsequenzen (z.B. Verlust eines Auftrags, Konventionalstrafen, erhebliche Mehrkosten, o.ä.).
  • Durch den Projektverlauf droht ein erheblicher Reputationsverlust (z.B. Meldungen in der Presse über das Unternehmen, Stimmung in der Organisation kippt, uvm.).
  • Die Fluktuation im Team steigt, alle machen nur noch das Nötigste, das Engagement nimmt ab.
  • Beschwerden der Kund:innen häufen sich, während sich das Team von den Kund:innen zunehmend unverstanden fühlt.
  • Prozesse verharren zu lange in einem fast fertigen Zustand, anstatt beendet zu werden.

Projektkrisen lösen – das können Sie als Führungskraft tun

Um eine Projektkrise zu lösen, ist es für Sie als Führungskraft also in einem ersten Schritt wichtig, die Krise auch als solche zu erkennen. Und dann geht es an die Details. Jetzt folgt die Prüfung des Projektes auf Herz und Nieren. Hierbei bietet es sich an, die Krisenlösung in zwei Teile zu separieren.

Teil 1: Prüfungen von Inhalt und Umfeld

Bevor Sie irgendwelche Handlungen übers Knie brechen (nach dem Motto: Hauptsache, die Projektkrise wird angegangen, egal wie), sollten Sie zunächst den Status quo überprüfen. Schauen Sie, was – auf gut Deutsch gesagt – gerade Sache ist. Der erste Schritt sollte deswegen immer sein, nochmals zu prüfen, ob das Projekt

a) ein klares Ziel verfolgt,

b) dieses für alle gleichermaßen gilt (ggf. gibt es Zielkonflikte innerhalb der Organisation),

c) alle Projektbeteiligten das Ziel einheitlich verstanden haben.

Der zweite Schritt besteht in der Prüfung, ob die Machbarkeit des Projekts in der aktuellen Situation noch gegeben ist. Hier ist es wichtig, dass Sie einen Blick auf die Projektleiter:innen werfen: Können diese mit den aktuellen Rahmenbedingungen das Ziel des Projekts überhaupt erreichen? Gibt es Punkte, an denen sie Hilfe brauchen? Mit welcher Haltung stehen sie dem Projekt aktuell gegenüber? Merken sie, dass eine Projektkrise vorliegt?

Als drittes sollten Sie die vorhandenen Ressourcen prüfen – also das Personal mit seinen Qualifikationen und seinen zeitlichen Verfügbarkeiten. Oft zeigt sich an dieser Stelle, dass die formell verfügbaren Ressourcen sowie weitere Mittel gar nicht so zur Verfügung stehen, wie Ihre Projektleiter:innen es für das Projekt eigentlich benötigen.

Teil 2: Projektkrise gemeinsam lösen

Nach der genauen Prüfung des Ist-Zustands geht es darum, dass Sie die Projektbeteiligten mit ins Boot holen. Denn eine Projektkrise lässt sich nicht im Alleingang lösen.

Und ganz wichtig ist auch: Wenn eine Projektkrise da ist, geht es nicht darum, Schuldige zu finden! Wenn Sie nämlich mit dem erhobenen Zeigefinger durch Ihre Teams gehen, um die vermeintlichen Verursacher:innen der Krise zu finden, löst das in der Regel nur Abwehr und Solidarität mit den möglichen Schuldigen aus. Gleiches gilt für die Ankündigung, das Projekt stoppen zu wollen. Das zerstört die Motivation und zur Lösung der Projektkrise trägt es kaum bei.

Besser ist, wenn Sie offen mit allen Projektbeteiligten kommunizieren. Und: Sprechen Sie mit einigen der Stakeholder. Teilen Sie ihnen mit, dass Sie auf der Suche nach Wegen sind, die das Projekt wieder voranbringen. Das beugt Ärger und Unstimmigkeiten auf Seiten der Kund:innen bzw. sonstigen Stakeholdern vor.

Projektkrise erkannt, Projektkrise gebannt – die Methoden helfen

In der Kommunikation mit Projektleiter:innen und Teams ist es immer empfehlenswert, zu signalisieren, dass Sie alle gemeinsam an der Lösung der Projektkrise arbeiten werden. Hierbei hilft es, offene, in die Zukunft gerichtete Fragen zu stellen:

  • Wer oder was könnte uns allen helfen, damit das Projekt seine Ziele erreicht?
  • Was könnte ich persönlich dazu beitragen, damit das Projekt seine Ziele erreicht?
  • Was ist der wichtigste Punkt, den wir gemeinsam als erstes angehen sollten?

Für Sie als Führungskraft ist bei diesen Gesprächen entscheidend, dass Sie jederzeit eine offene Haltung einnehmen. Signalisieren Sie Ihren Mitarbeiter:innen, dass Sie die Projektkrise erkannt haben und ehrlich an einer Lösung interessiert sind. Und: Legen Sie sich am besten möglichst spät auf Ihre Deutung der Realität fest! Denn jeder Mensch hat seine subjektive Sicht der Dinge und gute Gründe dafür, wie er oder sie sich verhält. Eine zu schnelle Deutung könnte Ihre Teams noch mehr verunsichern.

Hinzu kommt, dass jeder Mensch in der Regel versucht, aus seiner Perspektive das Beste zu machen – auch wenn andere das in diesem Moment vielleicht nicht verstehen oder anders handeln würden. Für Sie als Führungskraft heißt das: Ziehen Sie sich nach den Gesprächen zurück, bewerten Sie in Ruhe das Gesagte und entwerfen Sie dann mehrere, möglichst unterschiedliche Szenarien zum weiteren Vorgehen.

Erst dann geht es darum, eine Entscheidung zu fällen und die Teammitglieder zu informieren, wie es mit der Projektkrise weitergeht. Ein wichtiger Punkt ist an dieser Stelle, dass Sie ganz klar hinter Ihrer Entscheidung stehen, damit auch alle an einem Strang ziehen. Das gilt vor allem, wenn Sie sich zu einer harten Intervention entscheiden. Klare Ansagen erfordern klare Handlungen! Wenn Sie sagen, dass das Projekt erst einmal weiterlaufen darf, sollten Sie Ihrem Team Zuversicht und Vertrauen entgegenbringen. Das hilft allen Projektbeteiligten, Ihre klaren und terminierten Anforderungen umzusetzen.

Nach der Projektkrise ist vor der Projektkrise

Die Krise ist vorbei und alles läuft bis zum Ende super? Das wäre zu schön, um wahr zu sein. Denn in der Realität ist es oft so, dass nach einer Projektkrise schnell die nächste kommt. Stellen Sie sich deswegen auf eine Krisenlösung im „Zwiebellook“ ein. Konkret bedeutet das, dass vier bis sechs Klärungsrunden während einer Projektkrise ganz normal sind, bis das Thema letztendlich geklärt ist. Und wenn es mal ganz hart auf hart kommt? Scheuen Sie sich nicht davor, auf externe Hilfe zu setzen und zum Beispiel einen Mediator oder ein Krisenmanagement-Team zu engagieren. Denn das tut dem Projekt und allen Beteiligten sicher gut.