Wer ausgehend von heute plant, ist morgen von gestern

Wie lange braucht es im Mittelstand, ein neues Produkt zu entwickeln und in den Markt zu bringen? Oder wie lange braucht es in der Verwaltung, die Planung für eine Stadt zu verändern und neue Regeln zu verankern? Je früher wir wissen, was auf uns zu kommt, desto einfacher haben wir es. Sei es der Vorsprung vor dem Wettbewerb oder das gute und gesunde Lebensumfeld für die Bürger. “It´s not enough to be up to date – you have to be up to tomorrow” ist ein sehr prägnantes Zitat von Ben Gurion, das in der heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Welche Trends setzen sich in den nächsten Jahren durch, welche entpuppen sich als heiße Luft? Wichtig ist, die Trends zu unterscheiden in solche, die vielleicht eintreten könnten und in solche, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten – die aber noch nicht offensichtlich sind. Eine herausragende Quelle dafür ist der jährliche Tech Trends Report von Amy Webb, die an der New York University zu strategischer Zukunftsplanung lehrt und mit ihrem Future Today Institute weltbekannte Analysen und Reports erstellt. Von “pure gut” (reines Bauchgefühl”) bis “knowledge” (sicheres Eintreten) reicht die Skala, auf der sie Trends bewertet. Ein für viele wichtiger Vorteil am Rande: Ihre Reports sind frei verfügbar, die Abwägung ob man dafür Geld investiert, entfällt.

Immer mehr Branchen geraten in den Strudel der Disruption, immer umfassender wird der Wandel

Vor 10 Jahren waren es in Deutschland die Energieunternehmen, die vom Umbruch auf erneuerbare Energien hart getroffen wurden und auch Jahre brauchten, um sich neu zu positonieren. Das gleiche Muster ließ sich in den letzten Jahren im Automobilbau verfolgen. Inzwischen ist klar, dass Verbrennungsmotoren langfristig genauso wenig die Zukunft sind wie die Kohleverstromung.

Doch das ist erst der Anfang. In den nächsten Jahren werden die Umbrüche viele Geschäftsmodelle verändern und damit ganze Industrien. An vielen Stellen ist der Wandel schon stillschweigend unterwegs – wer bewusst hinschaut, kann das Muster bereits sehen. Versicherungen bieten individualisierte Tarife, die an Echtzeitdaten hängen. Bei einer verhaltensabhängigen Autoversicherung zum Beispiel kostet quasi jede Vollbremsung nachträglich Geld. Banken werben gerade aktiv für die Nutzung Apple Pay. Wird das die letzte Dienstleistung sein, mit der ein Techkonzern Banken Umsatz entzieht? Unwahrscheinlich. Sprachgesteuerte Bestellungen im Online-Handel gibt es bereits. Die Wachstumsraten sind enorm. Die Administration arbeitet massiv daran, alle repetitiven Tätigkeiten zu automatisieren. Die Medizin bewegt sich mit Siebenmeilenstiefeln in Richtung 1:1 Therapie. Führt man die Liste fort, bleiben nur wenige Branchen und Funktionen, für die heute noch keine Disruption absehbar ist.

Wer mehr wissen will: Eine sehr anschauliche und übersichtliche Darstellung der anstehenden Disruptionen findet sich bei Peter Diamandis
➜ The Future Is Faster Than You Think: How Converging Technologies Are Transforming Business, Industries, and Our Lives by Peter H. Diamandis (goodreads.com)

Future City

Tech Trends Report – die Informationen sind da, man muss nur lesen und denken

Unglaublich, wie viele Einzelthemen sich das Future Today Institute insgesamt vorgenommen hat. Mehr als 500 Seiten in 12 Kapiteln wie “Health, Medicals and Wearables” oder “5G, Robots and Transportation” bieten viele hundert Informationen, wo und in welche Richtung die Welt sich verändert. Das Future Today Institute geht dabei mit der Zeit: Es legt nicht nur seine Ergebnisse offen, auch der Weg dorthin wird dargestellt. Darauf basierend kann jede Organisation einen eigenen systematischen Ansatz bauen, wie die Inputs des Reports mit der eigenen Welt zusammengebracht und Erkenntnisse abgeleitet werden können. Um die Inhalte exemplarisch zu zeigen, stellen wir hier Beispiele dar.

“Plastic Rain” ist einer der auf den ersten Blick überraschenden Trends – wir wissen ja inzwischen, dass Mikroplastik in der Umwelt ist aber dass es schon im Regenwasser steckt? Tut es, und das nicht nur in den Ballungsräumen sondern auch in entlegenen Gebieten der Welt? In den nächsten Jahren ist das sicher eines der Themen, an denen kein Unternehmen vorbei kommt – aber was bedeutet es für die Verwaltung? Der Report benennt sowohl die Organisationen, die sich mit dem Thema befassen als auch – wenn auch schlank – Trends, wie damit umgegangen wird.

“Smart Eyewear” umfasst “smarte” Brillen, zunehmend aber auch weiter miniaturisierte Anwendungen wie smarte Kontaktlinsen. Wozu braucht es Bildschirme, wenn wir ein 4K Display auf einer ganz gewöhnlichen Brille haben? Das Potenzial ist riesig und der Markt wächst rapide. Die Wirtschaftlichkeit ist längst keine Frage mehr. In die Brille eingespielte Hinweise reduzieren Fehler und schlagen bei Bedarf Alarm. Live abgebildete Anweisungen beschleunigen die Montage komplexer Werkstücke. Immer mehr finanzstarke Unternehmen engagieren sich in dem Markt – offen bleibt eher die Frage, wie schnell die Transformation wen erreicht.

“Diminished Reality” – der nächste Trend nach Virtual Reality und Augmented Reality? Er setzt auf der “Smart Eyewear” auf. Aber was steckt hinter der “verminderten” Realität? So wie die “augmented” Reality der Realität Information hinzufügt, so blendet die “diminished Reality” welche aus. Der Wunsch ist logisch, der Realität nicht nur Dinge hinzufügen sondern auch welche entfernen zu können. Die diskutierten Anwendungen muten aus Europäischer Sicht seltsam an: Hilft uns eine Ansicht der Stadt, in der Müll und Obdachlose einfach ausgeblendet werden? Wie auch immer: Wenn die Technik verfügbar ist, werden sich die Anwendungen finden. Und das Thema zieht Energie: Nachdem vor Jahren das legendäre Startup Magic Leap mit der Entwicklung seiner Hardware gescheitert ist, kümmern sich jetzt Amazon, Apple und Google um Lösungen.

Der Nutzen entsteht aus der Anwendung

Klingt alles gut aber was hat das mit der Arbeit von heute zu tun? Ganz oft ganz viel. Wer heute Innovationen angeht, wirkt damit weit in das laufende Jahrzehnt hinein. Wer heute Räume plant, schafft die Voraussetzungen für die Geräte, mit denen wir 2025 arbeiten werden. Welche werden das sein?

Bei allem, was wir heute planen, sollten wir für eine Zukunft planen, die wir heute noch nicht kennen. Wir brauchen einen “best guess”, sagt die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Oder Szenarien. Und dann Methoden wie Backcasting, um einen sinnvollen und flexiblen Weg in die Zukunft vorzudenken.

Das haben Sie noch nicht gemacht? Wir begleiten Sie gerne. Workshops dazu machen wir gerne virtuell oder auch in unserem Future Lab Projektmanagement.

Neugierig? Hier gibt es den Tech Trends Report kostenlos:
➜ 2021 Tech Trends Report | The Future Today Institute